gesaenge der traurigkeit

vergiftetes herz
 

im botanischen garten fokussieren sich glutrote brenngläser
in der mitte wächst ein phönix auf einem steinernen podest
pirouettenschlagende pfauen begleiten dich auf verschlungenen arabeskenpfaden
aus algenbegrünten becken und bassins greifen nixenhände 
die mit glitzernden schuppen bedeckt sind
eine hält dir einen ring entgegen 
nimmst du ihn so gehörst du auf ewig ihr und musst ertrinken
wasserleichen von jünglingen treiben langsam den flusslauf hinab
deine augen folgen ihren trägen bewegungen durch wirbel und lichte wogen
am ende der reise nagen kleine meeresfische das zarte fleisch von ihrem gebein
der schrei des pfaus lässt grüne und blaue eisblumen auf dem asphalt wachsen
die alsbald zerrinnen zu marmorierten briefbögen, 
auf denen du die handschrift eines alten freundes wiederzuerkennen glaubst
komm in den pavillon heisst es da
und wir werden unser wiedersehen feiern wie es bei uns der brauch ist 
in den lichtlosen gefilden
du missachtest die einladung, denn er ist längst von uns gegangen
gestorben in einem fernen land voll alter magie und totenerweckung
du setzt deinen weg fort hinein in den sommerabend
während er leise aus dem pavillon tritt und dir mit leeren augenhöhlen nachblickt
ein lächeln hebt euer beider mundwinkel wissend dass ihr euch durchschaut
doch freunde werdet ihr sein bis über das ende der zeit
der himmel umarmt die erde an manchen tagen
die gefahr ist am grössten die schönheit dringt giftig in dein herz
verwese, flüsterst du deinem alten freund ins geisterhafte ohr
dann will ich an deinem grab weinen wie aus einem brunnen
er lächelt sachte und lässt einen strauss trockener nelken an deinem grabmal zurück
verwese flüstert der tag dem himmel zu
dann will ich dich beweinen wie die beiden brüder es taten
und um dich trauern wie ein geliebter  

 

könnten nur alle alle alle glücklich sein
© shine